Chronik des Gaues

Die Gründung

In einem alten Trachtenkalender ist vermerkt:

„Der Gau Oberbayern besteht seit 1910. Wiedergegründet am 4. April 1948.
Der Gau gehört zum Landesverband im Verband Deutscher Heimat- und Volkstrachtenvereine, Sitz München.
Zurzeit 7 Vereine, Mitglieder 283.“

Leider konnten bislang keine weiteren Details zur Gründung selbst ermittelt werden. Auch ist unbekannt, wer als erster Gauvorstand gewählt wurde.
Die ersten Aktivitäten innerhalb des Gaues sind jedoch ab dem Jahr 1912 nachweisbar.

Viele Vorsitzende des Deutschen Verbandes sowie des Bayerischen Landesverbandes stammten aus dem Gau München und Umgebung – ein Zeichen für die starke Stellung und das hohe Engagement der damaligen Mitglieder.

Auflösung in der Zeit des Nationalsozialismus

Im Jahr 1936 wurden der Reichsverband sowie der Bayerische Landesverband aus politischen Gründen aufgelöst. Damit endete auch die Arbeit des Gaues Oberbayern.
In einer damaligen Mitteilung hieß es:

„Mit der Auflösung des Reichsverbandes und dem Anschluss der Vereine des Gaues Oberbayern an die N.S. Gemeinschaft ‚Kraft durch Freude‘ erübrigt sich die Weiterführung des Gaues in der bisherigen Form.“

Zur ordnungsgemäßen Abwicklung berief Gauführer Josef Hohenadl den Gauausschuss ein. Anwesend waren die Kameraden Edlmann, Steindl, Zehentbauer, Rauscher, Inhuber und Schätz. Da der Kassier beruflich verhindert war, konnte zunächst kein endgültiger Abschluss erfolgen.

Am 4. Mai 1937 fand eine weitere Sitzung statt, bei der die vollständige Kassenrevision und die Liquidation des Gaues beschlossen wurden. Die Vereinbarungen lauteten:

  1. Der Betrag von 180 Reichsmark, eine Schreibmaschine sowie ein Vervielfältigungsapparat blieben Eigentum der Trachtengruppen.

  2. Der bei Kassier Scheuk befindliche Betrag von 136,26 Reichsmark sowie die Landesverbandsfahne gingen in den Besitz der Vereine des Kreises München über.

  3. Stempel und alte Unterlagen wurden vernichtet, die Kassenbücher versiegelt und in Verwahrung gegeben. Das Protokollbuch wurde an die politische Polizei überstellt.

Mit diesen Regelungen erklärten die Vertreter beider Seiten die Aufhebung des Gaues Oberbayern und die Liquidation als abgeschlossen. Weitere Ansprüche wurden ausgeschlossen.

Die Wiedergründung

Am 4. April 1948 kamen 28 Personen zusammen, um den „Gau Oberbayern, Sitz München, bayerischer Heimat- und Volkstrachtenvereine“ neu zu gründen. Die Versammlung wurde von Hans Hatzinger einberufen, der in seiner Eröffnungsrede betonte:

„1936 wurde der Reichsverband und mit ihm der Gau Oberbayern aufgelöst und dem K.d.F. Ring angeschlossen. Damit war man der Macht des 3. Reiches ausgeliefert. Der ‚Tanz um das goldene Kalb‘ begann.
Nach zwölfjährigem Dornröschenschlaf wurden diejenigen Kräfte, die die Sache der Heimat- und Trachtenvereine vertraten, wieder aufgerüttelt. Nach dem Wiedergutmachungsgesetz haben wir das Recht, den Gau Oberbayern zu gründen.
… Wir leben in einer Demokratie und wollen uns frei bewegen. Wir müssen uns heute zusammenschließen, deshalb bin ich dafür, den ‚Gau Oberbayern‘ zu gründen.“

Eine lebhafte Diskussion über die Vor- und Nachteile der Neugründung folgte. Dabei wurde festgestellt, dass bereits wieder 52 Vereine dem Landesverband angehörten – der Waldgau hatte beispielsweise auf einen Schlag 17 Vereine aufgenommen.

Schließlich kam es zur Abstimmung:
Mit fünf Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und drei Stimmenthaltungen wurde die Gründung des Gaues beschlossen.

Für das Amt des ersten Gauvorstands wurden Hans Hatzinger und Michl Edelmann vorgeschlagen. Hatzinger lehnte aus persönlichen Gründen ab. Daraufhin wurde Michl Edelmann einstimmig zum Gauvorstand gewählt. Die fünf Ja-Stimmen kamen von den Vereinen Tegernseer, Bayerischzeller, Alt Miesbach, Edelweißbuam sowie einem Vertreter des Landesverbandes.

Nach der Gründung wurde folgendes Rundschreiben an die Vereine verschickt:

„Liebe Trachtenkameraden und Trachtlerinnen,
nach einer langen und zerrütteten Zeit, die die Trachtenvereine aus ihrer Zusammengehörigkeit gerissen hat, obliegt mir die Aufgabe, dieselben wieder im Gau Oberbayern im Landesverband der Bayer. Heimat- und Volkstrachtenvereine zusammenzuschließen.

Leider hat sich einiges geändert, doch ungeachtet dessen wurde der Gau Oberbayern am 04.04.1948 wieder ins Leben gerufen.

Ich bitte alle Vereine herzlich, zu diesem Schreiben Stellung zu nehmen und mich baldmöglichst zu benachrichtigen. Besonders möchte ich betonen:
Die Vereine, die früher im Gau Oberbayern zusammengeschlossen waren, wurden weder gestrichen noch haben sie ihren Austritt erklärt.

Ich werde jede Entscheidung respektieren und weiterhin die Trachtensache pflegen und achten.

Mit besonderer Hochachtung,
Trachtenkamerad Michl Edelmann (Gauvorstand).“

Durch das Engagement vieler Mitglieder fanden sich rasch wieder Vereine zusammen, und der Gau Oberbayern konnte seine Aktivitäten erfolgreich aufnehmen.

Umbenennung in „Gau München und Umgebung“

Am 25. November 1956 fand in der „Bergmannsquelle“ eine wichtige Ausschusssitzung statt.
Gauvorstand Huber schlug vor, den Namen „Gau Oberbayern“ in „Gau München und Umgebung“ zu ändern, um eine bessere regionale Abgrenzung zu schaffen.
Nach einer ausführlichen Diskussion wurde der Vorschlag vom Gauausschuss angenommen.

In der anschließenden Vorstandssitzung wurde dieser Beschluss den Vorständen der Gauvereine vorgestellt.
Aus dem damaligen Protokoll:

„Gauvorstand Huber gab das Ergebnis der Ausschusssitzung bekannt und bat die Vereinsvorstände, dazu Stellung zu nehmen.
Alfons Bergmann ergriff das Wort und sprach sich in sehr aufschlussreichen Worten für die Umbenennung aus.
Nach weiterer Diskussion stimmten sämtliche Vorstände dieser Ausführung zu. Auch Kamerad Hatzinger, unser 1. Verbandsvorsitzender, unterstützte den Vorschlag.
Die anschließende Abstimmung fiel einstimmig aus, sodass der bisherige Gau Oberbayern nun in ‚Gau München und Umgebung, Sitz München‘ umbenannt wurde.“

Mit dieser Entscheidung trug man der regionalen Entwicklung Rechnung und schuf klare Strukturen für die Zukunft.

26.10.1958 D’Roaga Buam werden in den Gau aufgenommen

Anschaffung und Weihe der Gaustandarte

Im Jahr 1965 konnte der Gau München und Umgebung eine eigene Gaustandarte anschaffen und feierlich weihen lassen – ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte des Gaues.

Die Trachtenzeitung berichtete damals über die feierliche Zeremonie:

**„Am 16. Oktober 1965, vormittags um 10.00 Uhr, trafen sich die Trachtler des Patengaus, dem Rhein-Main-Gau, gemeinsam mit den Trachtenkameraden des Gaues München und Umgebung und ihren Fahnen vor der alten Sendlinger Kirche. Anlass war die feierliche Weihe der neuen Standarte, die von den Trachtenkameraden Hilde und Günter Dollinger vom Trachtenverein Alt-Miesbach München gestiftet worden war.

Unter den Klängen der Gaukapelle Otto Ebner trugen sechs Kinder des Gaues München die Standarte in die Kirche, wo der hochwürdige Stadtpfarrer nach einer eindrucksvollen Predigt die kirchliche Weihe vornahm.

Am Abend, um 19.00 Uhr, versammelten sich die Kameraden des Patengaues mit ihrem bewährten Gauvorstand Fritz Richinger sowie die Vereine des Gaues München und Umgebung als Veranstalter zu einem gelungenen Heimatabend im Saal des Gasthauses ‚Zum Holzkirchner‘.

Nach dem Eröffnungsmarsch, gespielt von der Festkapelle Otto Ebner, sprach der 1. Vorsitzende des Gaues München und Umgebung, Alfons Bergmann, herzliche Begrüßungsworte im Namen des Gaues. Besonders begrüßte er den 1. Landesverbandsvorsitzenden Hans Hatzinger, die Ehrenmitglieder des Landesverbandes sowie Fritz Richinger, den 1. Vorsitzenden des Patengaues aus Frankfurt am Main, und alle erschienenen Ehrengäste.

In seiner Ansprache dankte er dem Rhein-Main-Gau besonders für die Übernahme der Patenschaft zur Standartenweihe und hob das gute Einvernehmen und die freundschaftliche Verbundenheit hervor.

Es folgten Grußworte von Hans Hatzinger, der den Gau München und Umgebung zur Standartenweihe beglückwünschte, die Zusammenarbeit mit dem Landesverband lobte und seine Ansprache mit den Worten schloss: ‚Es lebe unser deutsches Vaterland, die Liebe und Treue zu Tracht und Heimat.‘

Auch Fritz Richinger überbrachte seine Glückwünsche und betonte die freundschaftliche Verbindung zwischen den beiden Gauen.

Im Anschluss übergab Fahnenmutter Hilde Dollinger die neue Standarte offiziell an den Gau. Gauvorsitzender Alfons Bergmann bedankte sich mit bewegten Worten bei den Stiftern Hilde und Günter Dollinger und überreichte ihnen als Zeichen der Anerkennung die Ehrenmitgliedsurkunden des Gaues München und Umgebung.

Danach wurden die Fahnenbänder, die ebenfalls in der Kirche gesegnet worden waren, feierlich übergeben. Gauvorstand Bergmann überreichte dem Vorstand des Patengaues, Fritz Richinger, einen Fahnennagel und würdigte die enge, langjährige Verbundenheit. Fritz Richinger übergab seinerseits ebenfalls einen Fahnennagel an den Gau München.

Zwei Dirndl – eines von den Ismaningern und eines von den Alpspitzlern – trugen feierliche Prologe vor, die die Übergabe der Fahnenbänder begleiteten. Abschließend befestigte Hans Huber das von ihm gestiftete Trauerband selbst an der neuen Standarte.“**

14.07.1968 Gaufest in Unterföhring
Peter Fischer (USA) und Gauvorstand Alfons Bergmann

Wie es weiterging

Nach dem plötzlichen Tod des langjährigen Gauvorstands Alfons Bergmann im Jahr 1980 wurde Valentin Lainer vom Verein D’Ammertaler Ottendichl zu seinem Nachfolger gewählt.

1983 feierten die D’Roaga Buam Ismaning ihr 25-jähriges Gründungsfest.
Zwei Jahre später, 1985, wurde das 75-jährige Bestehen des Trachtengaus im festlichen Rahmen im Salvatorkeller begangen.

Im Jahr 1988 fand erstmals ein Sänger- und Musikantentreffen in Garching statt, das großen Anklang fand und im Folgejahr erneut ausgerichtet wurde.

Das 80-jährige Gründungsjubiläum wurde 1990 ebenfalls in Garching gefeiert.
Anlässlich der Tagung des Landesverbandes Bayerischer Heimat- und Volkstrachtenvereine e.V. richtete der Gau 1997 einen großen Heimatabend in Haar aus.

1998 stellte Valentin Lainer sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zur Verfügung und verstarb wenig später. Zu seinem Nachfolger wurde Anderl Huber vom Verein Alt Miesbach München gewählt.

Das 90-jährige Gründungsfest feierte der Gau im Jahr 2000, ausgerichtet von den Königlich Bayerischen Patrioten München.

Im gleichen Jahr trat Günter Tschirner nach langjähriger Tätigkeit als Gau-Jugendleiter zurück und wurde zum Ehren-Gaujugendleiter ernannt. Sein Nachfolger wurde Herbert Thiemann.

2002 legte Anderl Huber sein Amt als Gauvorstand aus persönlichen Gründen nieder. Franz Klietsch von Edelweiß Unterföhring übernahm das Amt.

Auf Initiative von Erich Gebhard (V.T.V. Alt-Miesbach München, Sachausschuss Musik) wurde bei den Ammertalern Ottendichl wieder ein Gau-Hoagarten ins Leben gerufen, der seither jährlich stattfindet.

2004 wurde Leonhard Steinbeißer von den Roaga Buam Ismaning zum Gauvorstand gewählt,
2008 übernahm Martin Werner von der Riesengebirgs-Trachtengruppe das Amt.

Das 100-jährige Gründungsjubiläum feierte der Gau 2010 feierlich in Aubing.

Ab 2016 leitete Ludwig Huber vom Trachtenverein Edelweiß Unterföhring mit großem Engagement die Geschicke des Gaues.
Im Jahr 2024 übergab er das Amt an Markus Hochlahner vom Heimatverein Garching, der seither als 1. Gauvorstand die Verantwortung trägt.

Musiker Erich Gebhard

Als Gauvorstände sind bekannt:

1929 Sepp Huber, 43 Vereine

1936 Josef Hohenadl, 51 Vereine

1948 Michael Edlmann, 5 Vereine

1952 Josef Huber, 8 Vereine

1958 Fritz Loder, 11 Vereine

1959 Xaver Hinterholzer (übernahm als 2. Gauvorstand die Geschäfte)

1960 Alfons Bergmann, 10 Vereine

1980 Valentin Lainer, 15 Vereine

1998 Anderl Huber, 14 Vereine

2002 Franz Klietsch, 15 Vereine

2004 Leonhard Steinbeisser, 15 Vereine

2008 Martin Werner, 15 Vereine

2016 Ludwig Huber, 11 Vereine

seit 2024 Markus Hochlahner, 10 Vereine

Für Außenstehende oft kaum sichtbar, verbirgt sich hinter der Arbeit für unseren Gau eine Vielzahl großer und verantwortungsvoller Aufgaben.
Diese Aufgaben zu meistern, war und ist nicht immer einfach. Doch dank des Engagements vieler Trachtlerinnen und Trachtler konnten und können wir uns den Herausforderungen stets mit Herz und Tatkraft stellen.

Unser besonderer Dank und unsere aufrichtige Anerkennung gelten allen, die in den vergangenen 115 Jahren den Gau München und Umgebung unterstützt und geprägt haben – sowie allen Mitgliedern unserer Trachtenvereine, die Tag für Tag die Tradition lebendig erhalten.

A herzlich’s Vergelt’s Gott!